Der ganz normale Neujahrswahnsinn – Taipei sieht rot

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Die sonst so entspannte Atmosphäre in Taipei gleicht in den letzten zwei Wochen einem Bienenstock, den etwas in Bewegung und helle Aufregung versetzt hat. Das taiwanische Neujahrsfest steht vor der Tür und damit der alljährliche, ganz normale Vor-Neujahrswahnsinn!

Es ist eine Mischung aus Christkindelsmarkt, Weihnachspanikkauf und Frühjahrsputz zusammen. Einige Geschäfte und Unternehmen lassen die Weihnachtsdekoration bis zum taiwanischen Neujahrsfest stehen und sehen durch die Doppel-Kombination noch bunter und schriller aus. Rot ist die Farbe die Freude und Glück bringt und Taipei in einen roten Farbeimer taucht. Die Geschäfte bieten allerlei rote Neujahrssouvenirs an, Straßenhändler und Supermärkte stocken ihren Vorrat an Süßigkeiten auf und locken mit Massenrabatten, denn es wird massenhaft für die Familien, Freunde und Verwandten eingekauft. Es kann den Taiwanern gar nicht rot genug sein und so sehen auch die Hersteller von Unterwäsche ihre Chance einen guten Umsatz zu machen. Es gibt Sonder-Kollektionen fürs Neujahrsfest. Während wir also auf vierblättrigen grünen Klee setzen, versicherte mir ein Taiwaner glaubhaft, das es Glück bringt am Neujahrsfest rote Unterwäsche zu tragen.

Während des Neujahrsfestes werden die roten Geld-Umschläge („angbao“) verschenkt. Manch einem treibt das den Schweiß auf die Stirn jedes Jahr so viele Umschläge an Familienangehörige und Verwandte zu verteilen. Eine Frau sagte zu mir:

Wenn mein Mann dieses Jahr keine Bonuszahlung bekommt wird es schwierig. Die Summen steigen jedes Jahr, sie sinken nie. Aber wer hat schon sein ganzes Leben lang den gleichen gut bezahlten Job?!

Wieder anderen treibt es den Schweiß auf die Stirn unter der schieren Umschlagsvielfalt, die von kitschig bis absurd alles abdeckt, zu entscheiden. Meinen angbao-Favoriten habe ich gefunden als ich eine Ausstellung über „Aliens“ besucht habe. Vorher habe ich mich zum Soundtrack von „Mission Impossible“ den grünen Laserstrahlen gestellt. Leider durfte ich mich nicht von der Decke hinab seilen, sondern musste stattdessen durch den Raum robben und mich wie eine Fischgräte an den Laserstrahlen vorbei biegen um den rettenden roten Button am Ende des Raumes zu drücken, aber ich schweife ab.

Die Vorbereitungen für das taiwanische Neujahrsfest gehen weiter und ufern zu einem unglaublich ambitionierten Frühjahrsputz aus. Durch die Redaktionsräume von Radio Taiwan International wirbelt plötzlich ein Putztrupp, die Fenster blitzen, Straßen in meiner Nachbarschaft werden schnell noch neu geteert, Gartenbäume werden getrimmt und im Huiji-Tempel wird auf dem Vorplatz so lange an dem einzigen Baum herumgeschnippelt bis er aussieht wie ein übergroßer Design-Bonsai (ab und an erinnert er mich auch an einen frisierten Pudel, also an die Art frisierten Pudel, die mit gestutzten Fell-Bommeln durch die Gegend laufen muss). Die reich verzierten Tempeldächer werden gekärchert, gestrichen und geschmückt damit für das große Fest und das neue Jahr alles perfekt ist.

Eine Woche vor Silvester steigt das Tempo noch einmal, jetzt werden die Sprint-Turnschuhe aus dem verstaubten Regal geholt und nachdem sie sich um die äußere Erscheinung gekümmert haben, kümmern sie sich nun um das Innere und stellen die Wohnungen und Häuser auf den Kopf. Fege alles Schlechte hinaus und lasse das Glück hinein. Meine Nachbarn scheinen nur einmal im Jahr alles Schlechte hinauszufegen und das hat mich zu dem Schluss geführt das es wohl auch hier einige Messies gibt. Selbst der Bautenzug kam zum Einsatz und so wurde das Sofa an der Außenfassade hinab gelassen. Die gelben Müllwagen fahren nun fast ununterbrochen durch die Stadt um die Flut an ausrangierten Möbeln zu bewältigen. Wenn die Musik von Beethoven aus den Lautsprechern der Müllwagen ertönt ist es das Erkennungszeichen für die Anwohner mit ihren Müllsäcken hinunter und hinaus zu stürmen um ebendiese loszuwerden. Aber auch Privatleute fahren mit ihren Lieferwagen durch die Viertel und bieten lautstark durch ein knarzendes Megaphon ihre Putz- und Möbelentsorgungsdienste an.

Die Haus- und Wohnungstüren werden mit roten Spruchbändern und Postern versehen, die den Gästen Glück und Wohlstand wünschen. Sie werden verkehrt herum aufgehängt, damit die Glückwünsche wieder zurück ins Haus kommen. So haben beide Parteien etwas davon.

Am Samstag, den 9. Februar 2013 war es dann soweit. Um Mitternacht hieß es „Happy New Year“ um das Jahr der Wasser-Schlange einzuläuten. Halb Taipei ist ausgeflogen, Besuche in anderen Teilen der Insel stehen auf dem Plan, alle Geschäfte sind geschlossen, außer die Convenience-Stores. Aus Mangel an geöffneten lokalen Straßenrestaurants haben wir in den Folgetagen sehr viel ekliges Fast Food gegessen. Die Jahreswende jedenfalls verbrachten wir auf dem Huiji-Tempel in luftiger Höhe, zusammen mit dem Design-Bonsai, Mönchsgesängen und ein paar Anwohnern, die auch die 216 Stufen zum Tempel hinaufgestiegen sind. Der Blick über die Stadt war fantastisch, aber das Feuerwerk und die Knallerei hielten sich in Grenzen, ich war überrascht. Das mag daran liegen, dass fast niemand in der Stadt war. Der Huiji-Tempel hingegen wartete mit einem großen Feuerwerk auf. Die roten Feuerwerkskörper, die aussehen wie Dynamitstangen in unterschiedlichen Größen, sollen die Geister und Monster vertreiben. Ich denke das ist ihnen gelungen. Sie waren so laut, das einem sprichwörtlich die Ohren geblutet haben. Aber schön anzusehen war es trotzdem.

Schauen wir mal was das Jahr der Wasser-Schlange bringt. Es soll ein gutes Jahr sein um Geschäftsideen erfolgreich umzusetzen. Taipei wird spätestens am 24. Februar wieder in seinen gewohnten Rhythmus verfallen wenn das Neujahrsfest offiziell mit dem Laternen-Festival beendet wird.

Happy New Year!