Thailand - Happy Songkran 2013!

Thailand – Happy Songkran 2013!

Mit Wasserpistolen und Popmusik ins neue Jahr

„Heute ist der 13. April 2013 und du willst wirklich rausgehen?!“ fragt meine Mitbewohnerin mich und macht große Augen. Sie hat beschlossen das Haus für drei Tage nicht zu verlassen, denn solange dauert „Songkran“, das thailändische Neujahrsfest, das auch als „Wasserfest“ bekannt ist und bei dem man ordentlich nass gemacht wird! Das Neujahrsfest wird auch in anderen südostasiatischen Ländern gefeiert. Im Nachbarland Myanmar heißt es „Thingyan“.

Die heißeste Jahreszeit in Südostasien ist mit 37 Grad im Schatten nur mit einem Eiswürfel auf dem Kopf zu ertragen, doch weil das schwer zu realisieren ist, muss eine Abkühlung während des Wasserfestes Abhilfe schaffen.

Quietsch-bunte Wasserpistolen lachen mich in den Tagen vor dem thailändischen Neujahrsfest überall auf den Straßen Bangkoks an. Neon-grün, pink, gelb und orange, alle Farben finden sich in einer Wasserpistole wieder. Es sind nicht etwa die kleinen Plastik-Handfeuerwaffen aus denen ein dünner, schlaffer Strahl auf dein Auge zielt,

nein, es müssen die ganz großen sein, an der Schulter anliegend, halbautomatisch, pumpen, nachladen, feuern aus drei voluminösen Wassertanks.

Zusammen mit wasserdichten Plastikbeuteln, die wahlweise mit „Hello Kitty“, Herzchen, oder Smiley Aufdruck zu bekommen sind und mich an die Brustbeutel erinnern, die ich als Schulkind früher um den Hals getragen habe, um dem Busfahrer meine Monatskarte zu zeigen, werden an Marktständen, in kleinen Geschäften und Shopping Malls verkauft. Sie sind gerade so groß das das Handy und ein paar Geldscheine darin verstaut werden können.

„Ich habe schon gestern Nacht Leute mit Wasserpistolen herumlaufen sehen,“ sagt meine Mitbewohnerin beschwörend zu mir. Sie hat den Kühlschrank mit Essen für eine ganze Woche vollgestopft, sich einen DVD-Recorder ausgeliehen und alle Folgen von „Friends“ und „Greys Anatomy“ bereit gelegt. Ich kann ihre Entscheidung verstehen sich für drei Tage im Haus einzusperren, denn sie ist nicht die einzige, die nach der Teilnahme am Wasserfest krank geworden ist.

Sie haben das Brackwasser mit 10 Liter Eimern aus den Flüssen geschöpft und die Leute damit übergossen. Danach wurden gleich mehrere Darmbakterien bei mir nachgewiesen und ich war eine Woche lang sehr krank.

Vorsichtig schaue ich vom Balkon, ob sich „Wasserwerfer“ in unserer Straße aufhalten. Alles ist ruhig und so probiere ich es mal mit einem Spaziergang und einem Einkauf. Die Kamera, das Aufnahmegerät und das Handy verstaue ich in einer großen Plastiktüte, bevor ich alles in den Rucksack packe. Meinen Schirm nehme ich mit, denn er kann sowohl als Sonnen- und Wasserschutz benutzen werden. Ich laufe los, immer auf der Lauer und mich fragend wie es in der nächsten Straße aussehen mag. Fast hatte ich es bis zur Hauptstraße geschafft als zwei Jungs mit Wasserpistolen das Feuer eröffneten. Ich sprinte lachend davon. Laute thailändische Popmusik dringt an meine Ohren, zwei große schwarze Boxen stehen am Straßenrand und meine Nachbarschaft tanzt ausgelassen. Neben ihnen steht ein dunkelblauer Wasserbehälter, der so groß wie eine Mülltonne ist. Mit Schüsseln schöpfen sie Wasser daraus und bespritzen Autos, Mopeds und einfach jeden, der dort vorbei läuft. Eine Frau mittleren Alters kommt auf mich zu, besprenkelt meine Schulter mit Wasser, wünscht mir ein gutes neues Jahr und ein langes Leben und dann rauscht das Wasser aus ihrer Schüssel auf mich herab. Ich bedanke mich, wünsche ebenfalls ein frohes neues Jahr und laufe weiter.

An der Hauptstraße, weit weg von meinem ruhigen und netten Viertel, wird es mir allerdings etwas zu chaotisch. An jeder Ecke haben junge Leute ihre Wasserbastionen errichtet, sind selbst schon patschnass und haben einen unglaublichen Spaß dabei eimerweise das Wasser auf Passanten und in vorbeifahrende Busse zu schütten. Wenn ich meinen Einkauf machen will, muss ich da irgendwie durch. Ich nutzte einen Linienbus als Ablenkung und schleiche mich vorbei. Fast, aber auch nur fast sollte es mir gelingen, denn ich wurde entdeckt und schon rauschte der Inhalt ihrer Wasserschalen in hohem Bogen in meine Richtung. Ich spannte den Schirm auf und rannte. Wie bei starkem Wind bog sich der Schirm in die entgegengesetzte Richtung und flatterte hinter mir her. Geschafft. Dieses Mal.

Auf meinem Weg sehe ich Pickups, auf deren Ladeflächen Thailänder sitzen, mit Wasserpistolen bewaffnet und einem mülltonnengroßen Wasserbehälter in der Mitte. Sie liefern sich Wasserschlachten mit anderen Pickups, Bussen, oder den Wasserständen am Straßenrand. An Fotos, oder Tonaufnahmen ist unter diesen Umständen nicht zu denken und so versuche ich halbwegs trocken mit meinen Einkäufen wieder das Haus zu erreichen.

Viele Thailänder fahren in diesen Tagen nach Hause zu ihren Familien und Verwandten in andere Städte, oder aufs Land und so wirkt die Metropole Bangkok unnatürlich menschenleer. Und nicht wenige Thailänder verlassen sogar das Land, weil sie des Wasserfestes müde sind, besonders in Bangkok. „Zu viele Touristen,“ heißt es dann immer und

damit wird doch nur noch Geld gemacht.

Kritiker sagen, dass das eigentlich buddhistische Fest, bei dem Tempel und Klöster besucht werden, um zu beten und die Buddha-Statuen zu reinigen, weil das Glück und Wohlstand für das neue Jahr bringt, zu einem reinen Spaß-Fest verkommen ist. In den Bezirken wo sich viele Touristen aufhalten verdreifachen sich die Preise und das Neujahrsfest wird zu einer großen, intensiven und ausgelassenen Wasserschlacht, mit unverhältnismäßig hohem Alkoholkonsum. Drei Tage dauert das Fest im ganzen Land und lässt keinen trocken der in diesen Tagen auf die Straße tritt.

Das auch dreckiges Wasser aus Flüssen für die Wasserschlachten benutzt wird, habe ich hier in Bangkok nicht erlebt und so unternehme ich einen letzten Versuch meine verängstigte Mitbewohnerin zu überzeugen, doch noch aus dem Haus zu gehen, doch sie winkt nur ab, den Blick starr auf den flimmernden Fernsehbildschirm gerichtet.